Verzauberung – ein Wort, das in uns Erinnerungen weckt. Erinnerungen an jene kostbaren Momente, in denen wir aus dem grauen Alltag heraustreten und uns plötzlich in einer anderen Welt wiederfinden. Während eines Wochenendseminars mit Märchenerzählerinnen haben wir uns genau diesem Thema gewidmet. Mit den Märchen von Jorinde und Joringel als Leitfaden sind wir in die Welt der Verzauberung eingetaucht – eine Reise, die uns nicht nur das Märchen neu erleben ließ, sondern auch unsere eigenen Erfahrungen in den Mittelpunkt stellte.
Wann waren wir zuletzt wirklich verzaubert? Wann hat uns etwas so tief berührt, dass es uns innerlich bewegt hat? Diese Fragen führten uns auf eine Spurensuche nach jenen Augenblicken, in denen wir aus der Realität heraustreten und in einen anderen Modus gelangen – einen Zustand, in dem unser Innerstes schwingt.
In Märchen ist Verzauberung oft ambivalent: Sie kann ein Segen sein, aber auch ein Bann. So wie Jorinde, die in eine Nachtigall verwandelt wird, oder Joringel, der durch seine Liebe die Kraft findet, diesen Bann zu brechen. Diese Geschichten zeigen uns, dass Verzauberung nicht nur Staunen und Schönheit bedeutet, sondern auch die Kraft hat, uns herauszufordern, uns zu verwandeln und sogar zu befreien.
Doch Verzauberung hat auch ihr Gegenspiel: die Entzauberung. Wenn wir Dinge nüchtern betrachten, verlieren sie manchmal ihren Glanz. Aber vielleicht braucht es gerade diesen Wechsel zwischen Verzauberung und Entzauberung, um die Welt in all ihrer Tiefe zu begreifen.
Gerade jetzt, in dieser Zeit des Frühlings, hebt die Welt wieder an zu singen. Nach den stillen, frostigen Tagen des Winters ist es die Natur selbst, die uns verzaubert. Die ersten Knospen brechen hervor, zarte Frühlingsblumen strecken sich dem Licht entgegen, und die Stimmen der Vögel kehren zurück – ein leiser, aber kraftvoller Zauber, der uns daran erinnert, dass das Leben in all seiner Schönheit wieder erwacht.
Rilke sagte einst: „Die Dinge singen hör ich so gern.“ – Eine Einladung, uns dem Zauber des Frühlings hinzugeben. Lassen wir uns berühren von diesen ersten warmen Sonnenstrahlen, von den Farben, die wieder in die Welt zurückkehren, und von der Magie, die in der Natur erwacht.
Vielleicht ist genau jetzt der richtige Moment, sich auf diese Frühlingsimpulse einzulassen. Auf das Verzaubertsein, das uns in eine andere Welt entführt – nicht fern von der Realität, sondern mitten hinein in das, was das Leben in seiner schönsten Form ausmacht. Die Welt hebt an zu singen – hören wir genau hin.
