Die verdrängte Seele – Was uns Märchen über das Leben sagen.
In einer Welt, die von Leistung, Wettbewerb und äußerem Erfolg geprägt ist, scheinen Märchen keinen Platz mehr zu haben. Zu kindlich, zu naiv – sagen viele. Doch in Wahrheit sprechen sie eine Sprache, die wir längst verlernt haben: die Sprache der Seele. Märchen erzählen von Mut, von innerem Wachstum, vom Ringen mit Schmerz, Verlust und Sehnsucht – und von der Kraft der Liebe. Sie erinnern uns daran, dass wir mehr sind als Funktion, mehr als Materie. Und vielleicht berühren sie uns gerade deshalb so tief – weil sie das benennen, was wir im Alltag oft verdrängen.
Mein persönlicher Berührungspunkt mit Hans Christian Andersen und der Weisheit der Märchen
In meiner Auseinandersetzung mit Hans Christian Andersen verbindet mich mit ihm besonders das Ringen darum, der Seele Ausdruck zu verleihen – das, was sie fühlt, erlebt und verarbeitet, insbesondere auch Kindheitserfahrungen. Andersen fand diesen Ausdruck in selbstverfassten Märchen. Auch ich wende mich den Märchen zu, um darin die Weisheit zu entdecken, wie sich die Seele ausdrückt und wie sie sich entwickelt.
Ein wesentlicher Unterschied liegt darin, dass Volksmärchen – etwa die der Brüder Grimm – meist einen hoffnungsvollen Ausgang zeigen. Sie führen den Menschen an der Hand, wie ein stiller Coach, und zeigen Wege auf, wie Krisen bewältigt und überwunden werden können. Andersens Märchen hingegen enden oft tragisch, sie spiegeln seine persönliche Biografie wider, seine existenziellen Kämpfe und Verletzungen.
Märchen sind Ausdruckskraft der Seele
Doch uns verbindet die tiefe Kraft der Märchen als Ausdrucksmittel der Seele.
Märchen machen sichtbar, dass der Mensch mehr ist als bloß Materie. Sie zeigen, dass das menschliche Leben in der Auseinandersetzung mit der materiellen Welt beginnt – im eigenen Körper, im Kontakt mit den Eltern, von der vorgeburtlichen Zeit über die Geburt bis ins Erwachsenenalter – und dass diese Auseinandersetzung letztlich der Entwicklung von Geist und Seele dient.
Die Weisheit der Märchen verweist auf eine spirituelle Wahrheit: Unsere Aufgabe darin liegt, Liebe, Mitgefühl, Gewissen und hohe Werte in die Welt zu tragen und sie mit der materiellen Welt zu verbinden.
Es ist diese Sehnsucht nach einem wahren, lebendigen Leben, nach Sinn und innerem Wachstum, die uns am Leben hält – auch wenn wir als Erwachsene oft in einer harten, leistungsorientierten Welt gefangen sind, die solche Regungen belächelt oder verdrängt.
Warum tun wir Märchen als „Kinderkram“ ab?
Gerade deshalb frage ich: Warum werden Märchen heute so oft als bloße Kindergeschichten abgetan – ja gar als Fantasiegespinste belächelt?
Märchen sind ursprünglich tiefe Weisheitsquellen für Erwachsene. Sie erinnern uns an die Wahrheit, dass wir selbst eine sich entwickelnde Seele sind – ein inneres Kind, das nicht verlernt hat zu lieben, zu hoffen, zu kämpfen und zu wachsen.
Vielleicht verdrängen wir diese innere Wirklichkeit, weil wir glauben, in der „realen“ Welt bestehen zu müssen – einer Welt, die von Konkurrenz, Macht, Geld und Härte geprägt ist.
Und doch spüren wir immer noch diese Sehnsucht, dieses tiefe Wissen in uns. Wie im christlichen Bild gesagt: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“
In den Märchen – sowohl in den klassischen Volksmärchen als auch in Andersens zutiefst persönlichen Erzählungen – finden wir eine Tür zu dieser Wahrheit.
Darum berühren sie uns bis heute – und darum berührt mich auch die Arbeit Hans Christian Andersens.
Wo die Seele keinen Platz mehr findet, flüstern Märchen ihre Wahrheit
Mich verbindet mit Hans Christian Andersen das tiefe Ringen darum, der Seele Ausdruck zu verleihen – durch Geschichten, die das Innerste sichtbar machen. Während ich in Volksmärchen Weisheit finde, wie sich eine Seele entwickeln und selbst heilen kann, spiegelt Andersen in seinen oft tragischen Märchen seine eigene Biografie wider. Märchen zeigen, dass der Mensch mehr ist als Materie – sie führen uns zu unseren inneren Werten wie Liebe, Empathie und Gewissen. Leider werden sie heute oft als Kindergeschichten abgetan, obwohl sie große Wahrheiten für Erwachsene enthalten. Vielleicht, weil wir in einer harten Welt leben, in der wir das kindliche Sehnen in uns verdrängen.
Und doch berühren uns Märchen bis heute – weil sie dort, wo die Seele keinen Platz mehr hat in unserem Leben, ihre Wahrheit zuraunen und uns an unser wahres Wesen erinnern.
Wenn Du Interesse hast, mich für einen Vortrag oder Workshop zu buchen, freue ich mich auf Deine Kontaktaufnahme. Gemeinsam machen wir uns auf eine spannende Reise in die Welt der Märchen und die verborgenen Kräfte, die in uns allen schlummern.