La Source heißt im Französischen die Quelle. Was sind dann Ressourcen? La Ressource heißt übersetzt die Hilfsquelle, das Auskommen, die Existenzgrundlage.
Das vorangestellte „Re„ steht für
1. zurück
2. wieder
3. in den früheren Zustand, in den richtigen Stand
4. entgegen, wider
(www.wortbedeutung.info/re-/).
Es ist schon spannend, wenn wir von unseren Ressourcen sprechen. Wir finden diese in der Erde und tragen sie auch in uns selbst. Wenn wir die obigen Begrifflichkeiten berücksichtigen, heißt das aber dann doch auch, dass wenn wir von Ressourcen sprechen, wir etwas meinen, dass einmal ursprünglich wie eine sprudelnde Quelle da war, jetzt aber bereits versiegt ist oder droht zu versiegen und nun wieder neu in den ursprünglichen sprudelnden Zustand gebracht werden sollte? Oder bedeutet der Begriff „Re-Source“ auch, dass da etwas wider und gegenläufig zum natürlichen Sprudeln der Quelle läuft?
Aus welchen Quellen speisen wir unsere Kraft?
Man verzeihe mir diese Wortspiele zu Beginn dieses Beitrages. Warum ich sie bringe?
Ich beschäftige mich in diesem Jahr immer wieder mit dem Thema: Aus welchen Quellen schöpfen wir unsere Kräfte? Was speist unsere Kraft, die gleich einem sprudelnden Quell kraftvoll ihr Wasser über alle Hindernisse hinweg plätschern lässt? Die Kraft, die um scheinbar Unüberwindliches wie zum Trotz herum fließen oder gar sich einen Weg hindurch bahnen kann.
Ein Blick in die Märchenwelt
Zu diesem Thema gab es im Juli sogar ein Präsenzseminar bei mir. Im Märchen „Brüderchen und Schwesterchen“ sind die Quellen verwünscht, vergiftet, verzaubert. Diese verzauberten Quellen des Märchens haben wir uns einmal etwas genauer im Kontext des Märchens angesehen. Welche Aussage macht das Märchen da, welche Weisheit steckt dahinter verborgen? Die Quellen werden von der „Stiefmutter“ vergiftet. Der Begriff „stief“ kommt von „steif“. Der Begriff „Mutter, Mater“ steht in enger Verbindung zum Begriff „Materie“. Die Materie ist hart und steif.
Im Übertragenen Sinne erzählt uns das Märchen hier zu Beginn, dass das, was wir als „mütterlich“ empfinden, hier hart und feste Materie geworden ist. Es meint aber nichts anderes als dass das Kind aus einem warmen, weichen Mutterleib hinaus in die „reale, harte Welt/Materie“ hinein geboren wird. Und so muss sie zwangsläufig vom heranwachsenden Kind als hart und steif erlebt werden. Das, was es als „Mutter“ empfunden und erlebt hatte, ist mit der Geburt in die Materie hinein (= Stiefmutter) für es gestorben.
Geht es uns auf dieser Welt nicht oft so wie den Märchenkindern, dass wir diese Materie, in der wir leben ,als hart, steif und ungerecht empfinden? Viele Menschen sprechen von „Mutter Erde“ und meinen damit genau das, was wir mit dem Archetyp des „Mütterlichen“ als dem Mutterschoß verbinden: Das Nährende, Sorgende, Liebende, Umhüllende. Wir vergessen jedoch dabei, dass in dieser „Mutter Erde“ auch die harte Materie steckt, an der wir uns stoßen und verletzen können, die uns abweisend und lebensfeindlich (Wüstenregionen, Vulkanausbrüche etc.) begegnen kann. „Mater-Mutter“ ist also beides: lebensspendend und lebensbedrohend, nährend, umhüllend und vergiftend, abweisend. Genau das wird zu Beginn des Märchens „Brüderchen und Schwesterchen“ berichtet, wenn der Bruder zur Schwester sagt: „…Wir haben keine gute Stunde mehr. Die Stiefmutter schlägt uns alle Tage, und wenn wir zu ihr kommen, stößt sie uns mit den Füßen fort. Die harten Brotkrusten, die übrig bleiben, sind unsere Speise, und dem Hündlein unter dem Tisch geht’s besser, dem wirft sie doch manchmal einen guten Bissen zu. Dass Gott erbarm! Wenn das unsere Mutter wüsste! Komm, wir wollen miteinander in die weite Welt gehen!“
Die Tiere kommen mit dem aus, was ihnen Mutter Erde zur Verfügung stellt. Sie sind eins mit ihrer Umgebung, und wenn die Umgebung ihnen nicht mehr die nötige Nahrung zur Verfügung stellt oder sie selbst alt und schwach werden, sterben sie. Das ist der Lauf des Lebens und des Sterbens. Der Mensch stellt sich über diesen Lauf, kann diesen sogar willentlich ändern, verlängern und auch verkürzen.
Im Märchen wird erzählt, dass die Quellen vergiftet sind, die „Stiefmutter“, also das, mit und in dem die Kinder leben und sich auseinandersetzen müssen, ist verwünscht.
Weil das Leben daheim als hart und karg empfunden wird, macht der Heranwachsende sich nun auf seinen Entwicklungsweg auf, denn er hat Hunger und Durst aufs Leben i.S.v. aufs Lebendig-Sein. Was treibt ihn dabei an? Der Wissens-Durst, der Lebens-Hunger, sprich die Neugier auf das, wie lebendiges Leben geht! Was nährt einen heranwachsenden Menschen auf dem Weg zu sich selbst heute? Welche „Nahrung“ geben wir unseren Kindern mit auf den Weg? Wie viele Quellen finden unsere Kinder bereits „vergiftet und verwünscht“ vor?
Ich kann all diese Gedanken und Fragen hier nur anreißen, sie sind es wert, in Seminaren weiter erforscht und ergründet zu werden.
Wo finde ich Re-Sourcen?
urück zu der Frage, wo meine Kraftquellen zu finden sind. Wenn diese versiegen oder zu versiegen drohen, wo finde ich Res-Sourcen, damit die Quellen wieder neu sprudeln können? Wieder sind es die Märchen, die mir dabei helfen können. Auf so mancher sprudelnden Quelle hockt eine Kröte oder ein Baum treibt nicht, weil eine Maus an seinen Wurzeln nagt.1 Spannend ist es, zu erforschen, was für mich die „nagenden Mäuse“ oder die „Kröte“ bedeuten könnten, die es verhindern, dass meine Kraftquellen sprudeln. Und welche Ratschläge haben die Märchen für mich, um diese Krafträuber loszuwerden? All dies kann man selbst oder in meiner Begleitung im Märchencoaching ergründen und erforschen.
Zurück zur Ressource. Wenn wir von Ressourcen reden, meinen wir bereits etwas, was zu versiegen droht. Wir sprechen auch davon, dass wir nachhaltiger mit den Ressourcen umgehen müssten. Eine Quelle sprudelt ewig, aber eine Ressource nicht!
[1] Diese bildhaften Darstellungen der Märchen gehen übrigens zurück auf die germanischen Mythen, unsere ursprünglichsten weisheitsvollen Quellen, in denen alles Wesentliche vom Leben und Sterben erzählt wird. Vom Lebensbaum ist da die Rede, von den Wurzeln und den drei Quellen darunter, an denen auch die Schicksalsfrauen sitzen usw. usf.
Was ist die „Stiefmutter“ in uns?
Wir sind uns heute alle einige, dass die Grundlagen, die wir zum Leben benötigen, nicht unbegrenzt vorhanden sind, Wir sind uns einig, dass wir nachhaltig wirtschaften müssen mit dem, was noch an Ressourcen da ist. Tun wir es denn auch? Und wie sieht es mit unserer eigenen Haltung aus, wenn wir darüber nachdenken, wie wir unser Business optimieren und Kundenreichweite und finanzielle Erträge erhöhen möchten? Gehen wir denn da nicht schon wieder der „Stiefmutter“ in uns auf den Leim? Während wir zu unseren Kund:innen von Achtsamkeit und Wahrnehmungsübungen und in die Stille gehen reden, drängt es uns gleichzeitig nach höher- schneller- weiter, rauben wir in Wahrheit unsere Quellen oder gar die Ressourcen aus!
Es erfordert Achtsamkeit, die eigene Kraftquelle in sich am Leben zu erhalten. Darum ist es so wichtig, diese Quelle in sich selbst zu kennen, zu nähren und manchmal auch ein wenig zu schonen. Denn die Re-Sourcen im Außen sind alle entweder nur temporär nährend oder auf Dauer sogar vergiftend.
Wir müssen uns um unsere Quellen und um die Ressourcen kümmern
Es geht heute mehr denn je um das richtige Maß finden zwischen Hilfsbereitschaft und Hilfesuchen, zwischen Zusammenhalt und Abgrenzung, zwischen Geben und Nehmen, zwischen Loslassen und Halten, Sterben und Leben.
Wir müssen heute mehr denn je genau unsere Quellen kennen und wissen, wann und wo sie wie stark oder schwach sprudeln können, was sie gefährdet und was sie nährt. Und wir müssen wissen, wo wir Ressourcen haben und wie wir diese bereitstellen können, damit sie uns oder anderen über so manche Durststrecken hinweghelfen können.
Ich wünsche uns allen einen November, der uns im Außen unterstützt, damit wir uns im Innern auf unsere nährenden Quellen und Ressourcen besinnen können.